Chandeleur, der wohl mundende Frühlingsbote
Seit gut zwei Wochen werde ich auf meinem französischen Lieblingsradiosender bei jeder Werbesequenz daran erinnert, dass am 2. Februar Chandeleur (lat. candelarum von festa candelarum: Kerzenfest; Mariä Lichtmess) ist.
Kleiner Auffrischungsexkurs für alle, die nicht (mehr) so genau wissen, was es mit diesem Fest auf sich hat: Das Alte Testament schrieb Frauen nach einer Niederkunft »eine kultische Reinigung« vor. Diese Anweisung befolgte auch die Heilige Mutter Gottes exakt 40 Tage nach der Geburt ihres Sohnes, am 2. Februar also. Bei der Gelegenheit fand auch die Darstellung der »Frucht ihres Leibes« im Tempel statt. Die seitdem an Mariä Lichtmess stattfindenden Kerzenweihe und Lichterprozession sollen daran erinnern – Jesus bezeichnete sich selbst als »Licht der Welt«.
Frankreich ist seit der 1905 durchgesetzten Trennung von Kirche und Staat bekanntlich laizistisch. Da das Land durch die jüdisch-christliche Tradition stark geprägt wurde und man ganz genau wußte, wie stark die Bevölkerung an ihrem geistlichen Erbe hing, entschied man sich jedoch dazu, die wichtigsten religiösen Feiertage des Kalenderjahres zu erhalten.
Mariä Lichtmess ist allerdings kein Feiertag, was die meisten Franzosen nicht daran hindert, das Fest gebührend zu begehen. Tja, obwohl die "Grande Nation" sich gerne dessen rühmt, Heimat des Kartesianismus zu sein, entbehrt das Verhalten ihrer Bürger nicht selten jeder Form von Logik, wird sich vielleicht der eine oder andere unter euch denken. Wartet nur ab, ich bin mit meinen Ausführungen noch nicht fertig!
Die Art und Weise, wie Chandeleur im Sechseck gefeiert wird, geht nämlich nicht auf das Christentum, sondern auf die römischen Luperkalien zurück, ein in der Antike Mitte Februar zelebriertes Reinigungs- und Fruchtbarkeitsritual, dem de facto auch eine auf den näher rückenden Frühling einstimmende Rolle zukam.
In meiner Heimat landet man immer, um welches Fest es sich auch handeln mag, früher oder später an einem gedeckten Tisch. Da tanzt Chandeleur nicht aus der Reihe, nennt es sogar eine spezielle Speise sein Eigen. Aber was für eine? Dreimal dürft ihr raten: Es ist rund, hat eine an die Sonne erinnernde Farbe, kann süß oder salzig, mit oder ohne Belag verkostet werden und wird mit den Zutaten auf dem obigen Foto zubereitet (Lösung).
So und jetzt muss ich aber selbst in die Küche, wobei ich mich eigentlich frage, ob ich mich dem Kollektivzwang der Traditionspflege beuge oder dem der Werbung …