Cultures sans frontières/Kulturen ohne Grenzen
Wussten Sie, dass die European Heritage Days (in Frankreich Journées européennes du patrimoine, in Deutschland »Tag des offenen Denkmals«), die jedes Jahr im September von mehr als 50 Ländern begangen werden, auf eine französische Initiative zurückgehen?
1984 rief Jack Lang, dem die Grande Nation auch La Fête de la Musique (Musikfest) verdankt, den »Tag des offenen Denkmals« ins Leben. François Mitterrands charismatischer Kulturminister war der Ansicht, Franzosen sollten sich zumindest einmal im Jahr der Vielfältigkeit des Nationalkulturerbes bewusstwerden und z.B. sonst nicht zugängliche Gebäude (Elyseepalast, etc.) besichtigen dürfen. Der Erfolg ließ nicht auf sich warten, was den Europäischen Rat dazu bewog, daraus ein europäisches Highlight zu machen.
Die diesjährigen Journées européennes du patrimoine finden am kommenden Wochenende (16.-17. September) statt. Auch in meiner Heimatstadt Châtillon-sur-Seine (Nordburgund), wo meine Freunde des Kulturvereins Châtillon-Scènes sich keinen besseren Zeitpunkt hätten einfallen lassen, um ihr neues Festival Cultures sans frontières zu eröffnen. Zwischen dem 15. September und dem 19. November lädt ein facettenreiches Programm (Diashows, Ausstellungen, Tanz- und Liederabend, Theatervorführung …) zur Reise. Ob nach Afrika, Nepal, Litauen, in den Balkan oder nach Indien, im Vordergrund steht die zwischenmenschliche Begegnung, die auch der nach Châtillon eingeladenen Künstlerin Christine Boulanger am Herzen liegt. Für ihr Projekt Visages d’en face (Gesichter von gegenüber) ist sie auf ihre Nachbarn im Pariser 19. Bezirk zugegangen, hat sie portraitiert und somit der anonymen Menge entrissen. »Fremd ist der Fremde nur in der Fremde«, sagte der viel zitierte Karl Valentin. Boulangers Werk erinnert uns daran, dass die Fremde nicht zwangsläufig erst in der Ferne, sondern schon vor der eigenen Tür beginnt.